Urteil des OLG Stuttgart vom 30.Januar 2018, Az.: 12 U 155/17
Der Fahrer eines im Einsatz befindlichen Feuerwehrfahrzeuges ist bei der Inanspruchnahme von Sonderrechten nach § 35 Abs.1 StVO im Straßenverkehr zu besonderer Aufmerksamkeit und Vorsicht verpflichtet.
Wird diese besondere Aufmerksamkeit nicht eingehalten, ist eine Haftungsquote zwischen den Unfallbeteiligten zu bilden, die sich an den jeweiligen Verursachungsbeiträgen der Unfallbeteiligten orientiert. In dem zu entscheidenden Fall wurde ein überwiegendes Verschulden des Fahrers des Feuerwehrfahrzeuges angenommen, so dass letztlich eine Haftungsquote von 2/3 zu 1/3 angenommen wurde. Die Kraftfahrthaftpflichtversicherung des Feuerwehrfahrzeuges muss daher 2/3 des Schaden des Unfallbeteiligten erstatten.
Wie hat sich der Unfall ereignet?
Aufgrund einer akuten Hochwasserlage musste das Feuerwehrfahrzeug Sandsäcke zu einem Sammeldepot transportieren. Die Einsatzfahrt wurde mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn vorgenommen. Nach einem Überholvorgang eines anderen Kraftfahrzeuges, welches am rechten Straßenrand angehalten hatte, hielt das Feuerwehrfahrzeug am linken Straßenrand an, um den kürzesten Weg zum Sammeldepot bei einem dort postierten Feuerwehrmann zu erfragen. Zu diesem Zweck wurde das Martinshorn ausgeschaltet. Das Blaulicht blieb eingeschaltet. Der am rechten Straßenrand haltende Fahrzeugführer setzte seine Fahrt fort und war an dem Feuerwehrfahrzeug nun fast vollständig vorbei. In diesem Moment fuhr das Feuerwehrfahrzeug wieder los und zog zur Mitte der Fahrbahn, so dass die Fahrzeuge kollidierten. Beim erneuten Losfahren war weder das Martinshorn noch der Blinker eingeschaltet.
Wer haftet wie?
Das OLG Stuttgart hat ein überwiegendes Verschulden beim Fahrer des Feuerwehrfahrzeuges angenommen, da dieser sich zwar der Sonderrechte aus § 35 Abs.1 StVO berühmen darf, hierbei jedoch eine besondere Aufmerksamkeit und Vorsicht im Straßenverkehr geboten ist. Der Fahrer des Feuerwehrfahrzeuges hätte vor dem erneuten Losfahren das Martinshorn einschalten, den Blinker betätigen und kurz warten müssen, damit der Fahrzeugverkehr sich auf die Fortsetzung der Einsatzfahrt einstellen kann. Der Fahrer hätte sich auch vergewissern müssen, dass sich keine anderen Fahrzeuge auf dem rechten Fahrbahnbereich befinden.
Der Fahrer des anderen Fahrzeuges hätte hingegen nicht ohne weiteres Losfahren dürfen, da er nicht davon ausgehen durfte, dass die Einsatzfahrt beendet ist. Das Blaulicht war die ganze Zeit eingeschaltet. Vor dem Losfahren hätte er sich vergewissern müssen, dass das Feuerwehrfahrzeug die Eilfahrt nicht kurzfristig fortsetzt.
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