Heute möchte ich Sie auf eine strafprozessuale Entwicklung hinweisen, die der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshof in Karlsruhe am 4. Juni 2014 im Beschlusswege veröffentlicht hat, BGH 2 StR 656/13. Der Leitsatz unter Ziffer 1 lautet wie folgt:
Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Die Verwertung einer früheren richterlichen Vernehmung eines Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, durch Vernehmung der richterlichen Vernehmungsperson ist nur dann zulässig, wenn dieser Richter den Zeugen nicht nur über sein Zeugnisverweigerungsrecht, sondern auch qualifiziert über die Möglichkeit der Einführung und Verwertung seiner Aussage im weiteren Verfahren belehrt hat.
§ 52 StPO eröffnet dem Angehörigen eines Beschuldigten ein Zeugnisverweigerungsrecht. Dieses Recht erlaubt es einem derartigen Zeugen ohne Angabe von Gründen das Zeugnis zu verweigern. Kein Zeuge, der in der Konfliktsituation zwischen Wahrheitspflicht und Näheverhältnis steht, soll gezwungen sein, aktiv zur Überführung eines Angehörigen beizutragen. Diese Konfliktsituation wirkt regelmäßig über die erste Zeugenaussage vor der Polizei hinaus fort. Aus diesem Grund erweitert § 252 StPO den Schutz des Zeugen, der einmal eine gemachte Aussage bis zur Hauptverhandlung für ihn folgenlos wieder rückgängig machen kann, ohne sie durch eine neue Aussage ersetzen zu müssen. Allein das Zeugnisverweigerungsrecht in der Hauptverhandlung nach § 52 StPO würde jedoch diese Zwangslage nicht beseitigen, wenn entweder das Protokoll der damaligen Aussage verlesen oder die damalige Verhörsperson als Zeuge vom Hörensagen in der Hauptverhandlung gehört werden könnte.
Es wäre aus Sicht eines zeugnisverweigerungsberechtigten Zeugen zu begrüßen, wenn dieser vor einer richterlichen Vernehmung auf sämtliche Folgen einer getätigten Aussage hingewiesen wird, insbesondere darauf, dass diese Aussage später doch verwertet werden könnte, obwohl der Zeuge später von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht.
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