Der Kettenauffahrunfall ist ein Auffahrunfall in der Regel mit mehr als zwei Fahrzeugen und zeichnet sich dadurch aus, dass die genaue Entstehung und der genaue Verlauf zumeist hinterher nicht mehr exakt zu rekonstruieren sind. Es gilt stets herauszufinden, ob es sich um ein einheitliches Unfallgeschehen handelt oder um mehrere hintereinander stattfindende Unfälle. Sofern ersteres ausgeschlossen werden kann, fallen in der Praxis häufig folgenden Aussagen der „auffahrenden“ Unfallbeteiligten:
- „Ich habe noch rechtzeitig angehalten, ich wurde aufgeschoben.“
- „Es ist zwar richtig, dass auch ich zunächst aufgefahren bin, jedoch war dies nur ganz minimal. Der eigentliche Schaden am Vorderfahrzeug ist nur entstanden, nachdem das nachfolgende Fahrzeug auf mich auffuhr und mich auf den Vordermann aufschob.“
- „Ich bin zwar auf meinen Vordermann aufgefahren. Das Fahrzeug des Vordermannes hat jedoch bereits einen Totalschaden erlitten, so dass eine Schadenweiterung durch mich nicht verursacht wurde.“
Es ist daher stets die Frage, wer muss was beweisen! Beweiserleichterungen bestehen, wenn es in der Praxis besondere Erhaltungssätze gibt, die auf die besondere Art des Unfalls anzuwenden sind. So ist es z.Bsp. grundsätzlich richtig anzunehmen, dass bei einem Auffahrunfall unter zwei Fahrzeugen, davon ausgegangen werden kann, dass das nachfolgende Fahrzeug den Unfall verursacht hat.
Bei einem Kettenauffahrunfall spricht hingegen kein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Frontschaden eines mittleren Fahrzeuges durch das Auffahren und ein damit verbundenes Aufschieben durch den Hintermann verursacht worden ist. Das mittlere Fahrzeug ist daher in vollem Umfang beweispflichtig dafür, dass der Frontschaden aufgrund des Auffahrens auf das vorausfahrende Fahrzeug nicht selbst, sondern von dem nachfolgenden Fahrzeug verursacht worden ist – OLG München mit Urteil vom 12.Mai 2017, Az.: 10 U 748/16.
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