Nach einem aktuellen Beschluss des OLG Bamberg vom 27.Januar 2017, Az.: 3 Ss OWi 50/17 ist folgender Leitsatz zu erkennen:
1. Nimmt ein Kfz-Führer ein Verkehrszeichen über die zulässige Höchstgeschwindigkeit optisch war, ist er aber wegen eines darunter befindlichen Überholverbotszeichens und hierzu angebrachter Zusatzschilder der Meinung, dies beziehe sich nicht auf ihn, unterliegt er keinem Tatbestandsirrtum, § 11 Abs.1 OWiG, sondern einem Verbotsirrtum, § 11 Abs.2 OWiG.
2. Ein (vermeidbarer) Verbotsirrtum führt nicht zwangsläufig zum Wegfall des ans ich verwirkten Regelfahrverbots. Vielmehr kommt dies nur in Ausnahmefällen in Betracht, wobei auf den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Rechtsgedanken des Augenblicksversagens zurückgegriffen werden kann.
Was war geschehen? Der Betroffene sah sich mehreren Verkehrsschildern ausgesetzt. Es wurde zum einen eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h angeordnet, hiernach folgte ein sichtbarer Trennstrich und anschließend das Zeichen „Überholverbot“ mit Zusatzschild Nummer 1 „2,8 t“ und Zusatzschild Nummer 2 „Omnibusse & Pkw mit Anhänger“. Vorher erfolgte auf der vom Betroffenen befahrenen Bundesautobahn bereits ein sog. Geschwindigkeitstrichter mit einer Reduzierung zunächst auf 100 km/h, hiernach auf 80 km/h und anschließend wie zuvor beschrieben 60 km/h.
Der Betroffenen überschritt die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 44 km/h, so dass der Bußgeldkatalog von einem Regelfahrverbot ausging. Der Betroffene war der Meinung, die Geschwindigkeitsbeschränkungen würden nicht für ihn, sondern nur für Fahrzeuge über 2,8 t, für Pkws mit Anhänger und für Omnibusse gelten.
Diese Einlassung des Betroffenen ist als Verbotsirrtum zu werten. Ein Tatbestandsirrtum scheidet aus, da der hier vorliegende Irrtum die Bedeutung der Schilder betrifft und nicht die Tatsachen. Ein Verbotsirrtum ist in der Rechtsprechung grundsätzlich zu Gunsten des Betroffenen zu werten, es sei denn dieser Irrtum wäre vermeidbar. Wenn also der Betroffene ohne Weiteres, sprich bei entsprechenden Nachdenken, seinen Irrtum hätte erkennen können, so ist dieser Verbotsirrtum unbeachtlich, da er vermeidbar war. Der Rechtsgedanke des Augenblickversagens rechtfertigt das Absehen von der Anordnung eines Fahrverbots, wenn den Fahrzeugführer nur eine momentane Unaufmerksamkeit trifft und er ansonsten sorgfältig und pflichtbewusst fährt.
Dadurch dass der Betroffene zuvor den Geschwindigkeitstrichter passiert hat, hätte er ohne Weiteres erkennen und müssen, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht für die am dritten Schild zusätzlich angebrachten Schilder gilt, sondern eben für alles Kraftfahrzeuge. Zudem waren die Geschwindigkeitsbegrenzung und das Überholverbot durch einen sichtbaren Strich getrennt.
Im Endergebnis war der Verbotsirrtum unbeachtlich.
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