Der Richter soll nach der gesetzlichen Konzeption als neutrale Person unparteiisch Gerechtigkeit gegen jedermann üben. Der schillernde Begriff der „Gerechtigkeit“ wird meist weder vor Gericht noch in anderen Situationen gefunden, da er doch für jeden eine eigene/andere Bedeutung inne hat. Um jedoch zu garantieren, dass ein Richter unvoreingenommen entscheiden kann, sieht die Strafprozessordnung in § 24 StPO vor, dass ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden kann. Aber wann ist ein Richter befangen? Etwa weil während der Sitzung, während der Vernehmung eines Zeugen, private SMS wegen der Betreuung der Kinder versendet werden? Dieser Fall stand zur Entscheidung am Bundesgerichtshof. Mit Urteil vom 17.Juni 2015, Az.: 2 StR 228/14 führt der zweite Strafsenat des Bundesgerichtshof aus, dass die Rechtsmittel der Angeklagten gegen das Urteil der vorrangigen Instanz, bei welchem der Richter als Beisitzer fungierte, Erfolg haben.
Aus Sicht eines besonnenen Angeklagten – auf dessen Sicht kommt es bei der Frage der Befangenheit an – gab die private Nutzung des Mobiltelefons durch die beisitzende Richterin während laufender Hauptverhandlung begründeten Anlass zu der Befürchtung, die Richterin habe sich mangels uneingeschränktem Interesses an der dem Kernbereich richterlicher Tätigkeit unterfallende Beweisaufnahme auf ein bestimmtes Ergebnis festgelegt.
In § 261 StPO heißt es wie folgt:
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
Wenn nun gerade während der laufenden Hauptverhandlung und insbesondere während der Befragung eines Zeugen, private SMS versendet werden, so ist zumindest ein begründeter Anlass gegeben, dass die Befürchtung bestünde, die Richterin sei nicht uneingeschränkt interessiert und habe bereits ein Ergebnis gefunden. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt habe die beisitzende Richterin während der Vernehmung eines Zeugen über einen Zeitraum von etwa 10 Minuten mehrfach ihr Mobiltelefon bedient. Der Bundesgerichtshof folgte somit der Auffassung der Verteidigung und lehnt die Richterin wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Es ist des Weiteren unerheblich, ob der Informationsgehalt der Zeugenaussage entscheidend oder ob die beisitzende Richterin nur ein wenig in der eigenen Aufmerksamkeit eingeschränkt war oder – was der besitzenden Richterin zu Gute gehalten werden muss – sich diese entschuldigt hat.
BGH, Urteil vom 17.Juni 2015 – 2 StR 228/14
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